Bericht Ruth

Veloreise Vancouver – San Diego

 

Mein wöchentlicher Bericht:

 

Hallo zusammen. Wie Ihr ja aus den vergangenen Reisen wisst, haben Théo und ich unterschiedliche Eindrücke unserer Reise. Darum hier mal mein Bericht.

 

Also, Tage vor dem Abflug war ich hypernervös. Haben wir doch die Abreise wegen der Tortour, wo ich gerne als Helferin mitarbeite, auf den 21. August verschoben. Die Tortour habe ich gut hinter mich gebracht, danach war packen, alles bereitstellen und vorallem Büseli Flimi noch ausgiebig herzen, angesagt. Leid hat es mir getan, als unsere beiden Enkelinnen am Grillabend, den wir am Montag noch mit der Familie zelebriert haben, stundenlang geweint haben, weil wir jetzt wieder weggehen. Die beiden lieben uns halt genauso wie wir sie. Aber schlussendlich war alles gemacht, die Velos und der Koffer eingecheckt und wir konnten in Ruhe mit dem Zug zum Flughafen fahren. Apropos Koffer: wir packen unsere Sachen jeweils in einen alten Koffer und lassen den im Hotel am Ankunftsort stehen. Wir haben jetzt zwei Koffer in Quebec und einen in Vancouver…. So kann man die gut und günstig entsorgen (joke).

 

Nach einem tollen ruhigen Flug in Vancouver angekommen, ging es recht zügig und erstaunlich schnell durch die Passkontrolle. Die Passagiere müssen die Pässe selber einlesen, alle Fragen beantworten und dann wird nur noch ein kurzer Check vom Zoll gemacht. Sehr gut! Apropos Flug: wenn Ihr die Bilder anschaut, seht Ihr die Rauchschwaden, die über Jasper und der dortigen Gegend überall aufsteigen. Die Waldbrände sind allgegenwärtig.

 

Also, die Fahrt zum Hotel mit dem Taxi und den Kisten mit den Velos drin verlief gut, wir waren mässig müde, haben uns aber doch noch einen Bummel nach Granville Island gegönnt. Das machen wir jedes Mal, wenn wir in Vancouver sind. Die Atmosphäre dort lieben wir. Schliesslich aber mussten wir schlafen gehen, wenn auch der Morgen für uns um viertel nach zwei zu Ende war. Die Zeitverschiebung machte sich bemerkbar, dafür habe ich auch schon um halb drei einen Kaffee gekriegt, während Théo die Velos zusammensetzte. Am Morgen ging es dann nach einem feinen Frühstück los. Gute drei Kilometer, da hatten wir das Gefühl, es hätte jemand geschossen. Aber wir fielen nicht von den Velos, also musste es eindeutig Théos Pneu sein, der den Geist aufgegeben hatte. Ausgerechnet im wildesten Viertel von Vancouver, wo alle Homeless People ihre Zelte auf dem Trottoir aufgeschlagen haben. Das ist sehr schlimm, vor zehn Jahren hatte es schon viele, jetzt sind es noch viel mehr. Ein Elend, das wir eigentlich nicht mitansehen möchten. Nach dem Flicken ging es weiter, raus aus der Stadt und dem Frazer River entlang. Klar mussten wir auch eine Pause machen und wurden von einem Paar, das ebenfalls mit den Rädern eine Pause machte, angesprochen, was wir denn machen würden. Als wir erzählt haben, dass wir von Vancouver nach San Diego fahren würden, mussten wir der Frau den Mund zuklappen. Ihr Mann hat nur gemeint, sie solle ihr Rad doch wegwerfen!!! Auf der Strecke nach Abbotsford und weiter bis nach Hope hätte ich übrigens ganz bestimmt mindestens 100 kg Brombeeren pflücken können und zwar wunderschön grosse. Leider halten die aber nicht bis am 5. Oktober. Es hat riesige Brombeergebüsche dem Frazer River entlang und auch beim Bahngeleise, das zwischen Strasse und Fluss verläuft. Und überall kommt aus diesen Gebüschen so ein bestimmtes Räuchlein raus……. Wäääähhh. Hasch lässt grüssen. Denn viele Obdachlose schneiden sich eine Höhle in diese Brombeerbüsche und schlagen dort drinnen ihr Lager auf. Das ist ok, wenn denen das passt, aber wir waren doch sehr betroffen, als wir ein Lager gesehen haben zwischen Strasse und Bahngeleise und da stand ein „Gampiross“, eine Kinderschaukel und lauter Kindersachen für etwa ein zweijähriges Kind. Was muten diese Leute so einem kleinen Kind zu!

 

Seit Vancouver begleitete uns übrigens der Rauch der Waldbrände, nicht mal der Whistler Mountain war zu sehen, so rauchig war es. Wir fuhren also im Dunst des Rauches weiter Richtung Abbotsford, die Sonne kam nur sehr undeutlich hervor. Als wir uns schon auf unser Hotel in Abbotsford freuten, stand plötzlich die Polizei auf der Strasse und sperrte diese ab. Der Sheriff war aber sehr nett und erklärte uns, wo wir durchfahren sollten. Leider war dann aber diese Umfahrung nochmals mit einer Umfahrung verbunden und wollten wir nicht noch viele Kilometer zusätzlich machen, blieb uns nicht anderes übrig, als die Absperrung durch einen Sumpf zu umgehen. Es war ein ganz schlimmer Unfall, eine Lady kam ums Leben, als sie in einen Laster donnerte. Wäre nicht die Achse gewesen, die in den Himmel ragte, man hätte aufgrund dieses schwarzen Blechhaufens nicht mehr erkannt, dass unter dem arg demolierten Lastwagen ein Auto zermalt wurde. Wir konnten dann aber unbehelligt weiter fahren und es ging den Brombeerbüschen entlang – sniff, sniff – Richtung Hotel. Aber auch wieder bei einem Obdachlosenlager machte es pfffff………. Thèos Pneu war schon wieder futsch. Wieder flicken, fluchen und ……….. der Pneu selber war nun endgültig hinüber. Théo hat ihn dann notdürftig geflickt und wie auf Eiern ging es den einen Kilometer ins Hotel. Dort mussten wir natürlich nach dem Einchecken einen Velohändler suchen, den Théo in Form eines Chinesen, der sehr viel von Velos verstand, fand. Den Besuch bei einem Bekannten liessen wir dann allerdings angesichts der Tatsache, dass wir pro Weg zu ihm noch je 10 km hätten fahren müssen, bleiben.

 

Wenigstens fanden wir dann ein feines Restaurant, wir waren allerdings die einzigen Gäste, die im Gastgarten sassen, alle anderen ziehen es vor, im tiefgekühlten Restaurant zu sitzen. Am anderen Morgen ging es auf dem Stück vom Trans Canada Highway weiter, dem Stück, das wir als einziges noch nicht mit dem Rad gemacht haben. Vor Hope besuchten wir noch Jamie Davies, der ein Abschleppunternehmen führt und vorallem am Coquihalla Highway verunfallte Autos und Lastwagen rettet und abschleppt. Auf Nat Geographic gibt es von ihm tägliche Sendungen – sehr interessant.

 

Wie immer waren wir in Hope im Travelodge Hotel, wo wir inzwischen fast unser Stammzimmer haben genau wie bei Rolly‘s zum Nachtessen. Dass die Etappe am anderen Tag kein Zuckerschlecken werden würde, war uns vollauf bewusst. Und es wurde hart. Durch den Manning Park begegneten uns dieses Mal keine Bären, sodass wir unsere Kräfte voll auf die kräftezerrende Tour und die Steigungen fokussieren konnten. Endlich, endlich war es geschafft und wir kamen in Princeton auch wieder in unserem Stammhotel an. Zur gleichen Zeit fand ein Oldtimercar-Treffen statt. Da standen alte Schätzelis, nach denen sich mancher die Finger geleckt hätte. Wir kamen mit einigen Teilnehmern ins Gespräch und am anderen Tag haben wir die einen und anderen auf unserer Tour wieder angetroffen. Von Princeton fuhren wir Richtung Hedley, wo wir hofften, unseren alten Freund Ben Murbach, ehemals aus Au / Wädenswil, zu treffen. Wir haben dann aber vernommen, dass er vor einem Jahr nach Grand Folks gezogen ist. Weiter ging es durch immer mehr Waldbrand-Rauch Richtung Keremeos. Die Helikopter flogen ununterbrochen, denn in den Bergen brannte es an vielen Stellen. In Keremeos bogen wir dieses Mal nicht nach links ab, sondern fuhren geradeaus Richtung Osoyoos. Dieses Stück wurde denn auch recht happig, immer rauf und runter……. Keremeos ist für Frucht- und Gemüseliebhaber ein Schlaraffenland, da wächst alles, was das Herz begehrt. In Osoyoos angekommen, bekamen wir ein Zimmer zum See im vierten Stock. Herrlich – man konnte im Bett liegen und die Aussicht auf den See geniessen. Natürlich mussten wir noch zum Abendessen in die Boston Pizza, dies wollte ich meinem Schatz nicht vorenthalten, isst er doch immer Jambalaya! Wer das nicht kennt – ich habe ein Rezept zu Hause. Am anderen Morgen – wir sahen die Strasse schon vom Hotel aus – mussten wir den Bergpreis holen. Es ging rauf und rauf und rauf, man hatte das Gefühl, es endet nie. Aber schlussendlich kamen wir doch gut bei Marianne Arpagaus in der Arosa Ranch an. Sie hatte eine riesen Freude, dass wir vorbei schauten. Wir hatten allerdings vorher per Mail miteinander kommuniziert. Sie hatte gerade Besuch, ein Zürcher, der in Vancouver lebt und mit einer Finnin verheiratet ist und dann ist da auch noch ihr Lebenspartner John, der im Jahr 1978 von Küblis nach Kanada ausgewandert ist. Leider verkauft Marianne das wunderschöne B&B, um zu reisen und Kanada noch ein bisschen kennenzulernen. Dazu hatte sie in den vergangenen Jahren praktisch keine Zeit. Nach einem feinen Tee, der uns wieder aufwärmte – es war affenkalt, wir haben die ganzen Tage schon sehr gefroren – ging es weiter rauf und runter nach Greenwood. Leider war das B&B von Marianne schon einen Monat vorher ausgebucht. Also, es ging weiter durch die Wildnis über den Anarchist Richtung Greenwood, einem kleinen Kaff mit zwar mehreren Motels, aber wir hatten zum Glück eines gebucht, das immerhin noch eine eigentlich gute Bewertung erhielt. Wir waren am Anfang die einzigen Gäste, in der Nacht sind dann noch zwei gekommen. Ohne Frühstück – wie so oft – fuhren wir dann am morgen los Richtung Grand Folks und weiter an den Christina Lake. Dass die Strecken sehr viel von uns abverlangen, könnt Ihr Euch alle denken, darum machen wir dieses Mal auch nicht so viele Kilometer. Wir sind in den vergangenen Jahren ja auch nicht jünger geworden, dafür werden unsere Etappen immer anspruchsvoller. Und nun sitzen wir also hier in einem wunderschönen Motel am Christina Lake, haben ein paar Stunden Ruhe genossen (oder auch nicht, die Fotos mussten runter- und auf die Dropbox geladen werden) und morgen und übermorgen erwarten uns dann wieder sehr heftige Bergetappen. Ach ja, heute als wir auf über 1000 m oben im Skigebiet waren, das mussten wir ja alles raufklettern, erwartete uns eine 14 km lange sanfte Abfahrt. Etwa bei 10 Kilometer hielten wir an, weil die gefrorenen Finger die Lenker nicht mehr halten konnten. Ich drehe mich um, was ich immer wieder mal mache, man weiss ja nie, was einem hintennach rennt und siehe da – ein Bär! Ich rufe zu Théo „ein Bär“, er meint, ich mache einen Witz, aber wirklich, da kam ein Schwarzbär, mittelgross, plüschig, so richtig zum knuddeln, das Bord runter, rennt an uns vorbei über die Strasse und durch einen Zaun. Der hatte überhaupt kein Interesse an solch blöden Radfahrern, der wollte sich echt nur retten. Ich bin dann noch hinterhergerannt zu der Stelle, wo er verschwunden ist, aber alles ging so schnell, dass ich keine Foto machen konnte. Schade. Aber ich glaube, wir werden noch mehr Bärenbegegnungen haben. Genau wie die Big Horns, Elche und die weissen Ziegen. Alle diese Tiere haben wir schon in Natura gesehen und diese Begegnungen werden uns immer in Erinnerung bleiben.

 

So, nun habe ich im Moment nichts mehr zu erzählen. Nach ein paar Tagen werde ich aber wieder einen Bericht verfassen. Es ist abends halb acht, bei uns im Motel feiern etwa 15 Frauen den Feierabend und das machen wir jetzt gleich auch. Tschüss.

 

 

 

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